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Steigende Bauzinsen: Der Traum vom Eigenheim rückt in weite Ferne


Bauzinsen verdoppelt
Der Traum vom Eigenheim rückt in weite Ferne

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 15.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Bau eines Einfamilienhauses in Baden-Württemberg (Symbolbild): Die Bauzinsen sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen.Vergrößern des Bildes
Bau eines Einfamilienhauses in Baden-Württemberg (Symbolbild): Die Bauzinsen sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Die Zinswende ist längst da: Die Bauzinsen steigen spürbar und verteuern den Hauskauf deutlich. t-online erklärt, worauf sich Bauherren jetzt einstellen müssen und wie sich Häuser am besten finanzieren lassen.

Baustoffmangel, wenige Handwerker und teurer Baugrund: Wer aktuell ein Haus bauen will, hat es deutlich schwerer als früher. Hinzu kommt seit Kurzem ein deutlicher Sprung bei den Bauzinsen, der die Finanzierung des eigenen Hauses deutlich teurer macht.

"Für die kommenden Wochen und eventuell auch Monate müssen Immobilienkäufer daher mit der Möglichkeit rechnen, dass die Baufinanzierungszinsen tendenziell weiter steigen", sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender beim Kreditvermittler Dr. Klein, t-online.

Der Experte rät deshalb dazu, die Baufinanzierung "solide zu gestalten und sich nicht in den vorschnellen Kauf einer Immobilie drängen zu lassen, die sich bei genauerem Hinsehen als nicht werthaltig herausstellt". Ein Bankenvergleich könne dabei helfen. Doch worauf sollten Häuslebauer noch achten – und warum steigen die Zinsen überhaupt so stark? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen zum Bauzins-Boom.

Wie hoch sind die Bauzinsen aktuell?

Aktuell liegt der Zins für zehnjährige Standardkredite bei durchschnittlich 2,12 Prozent, was eine Verdopplung seit Dezember darstellt, teilt die Frankfurter FMH Finanzberatung mit. Es ist der größte Sprung seit 1999. Zum vollständigen Bild gehört allerdings auch, dass die Zinsen damals bei zwischen fünf und sechs Prozent lagen. Trotz des deutlichen Anstiegs sind die Konditionen heute also immer noch günstiger als vor einigen Jahren.

Die gleiche Aufwärtsbewegung hat auch der Immobilienfinanzierer Interhyp ermittelt. Für zehnjährige Darlehen erwartet Interhyp bis Jahresende einen weiteren Anstieg der Bauzinsen auf 2,5 bis drei Prozent. Im März hätten sich solche Finanzierungen um rund 0,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat verteuert, heißt es in einem aktuellen Bericht. Experten hatten zwar mit einem Anstieg der Bauzinsen in diesem Jahr gerechnet, aber die aktuellen Werte übersteigen diese Schätzungen.

Eine Beispielrechnung zeigt, welche Auswirkung schon eine geringe Veränderung des Zinssatzes auf die Finanzierung haben kann: Bei einem Kredit in Höhe von 400.000 Euro macht ein Zinsanstieg von 0,25 Prozentpunkten jährlich höhere Kosten von 1.000 Euro, auf zehn Jahre gerechnet sind es 10.000 Euro Mehrkosten.

Was hat die EZB mit dem Anstieg zu tun?

Die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrer Präsidentin Christine Lagarde gibt über den Leitzins das sogenannte Zinsumfeld vor. Hebt sie den Leitzins an, müssen die Geschäftsbanken bei ihr mehr für einen Kredit zahlen. Diese Kosten reichen sie über die Zinsen an ihre Kreditkunden weiter.

Zwar hat die EZB die Zinswende bislang noch nicht eingeläutet, jedoch zeichnet sich ein Ende der Nullzinsphase in absehbarer Zeit ab. Dennoch sagt Michael Neumann von Dr. Klein mit Blick auf die Bauzinsen: "Wir befinden uns zurzeit in einem sehr dynamischen Umfeld: Die Zinsen sind in diesem Jahr in sehr kurzer Zeit ungewöhnlich stark gestiegen und unterliegen großen Schwankungen."

Die Bauzinsen orientieren sich nämlich an den Renditen der Bundesanleihen. In der vergangenen Woche erreichten diese den höchsten Stand seit Mitte 2015 und kletterten auf 0,84 Prozent. Diese Entwicklung wiederum hängt mit dem allgemein steigenden Zinsniveau in Deutschland und er gesamten Eurozone zusammen, das maßgeblich von der EZB beeinflusst wird.

Die ist qua Auftrag darauf verpflichtet, die steigende Inflation wieder in den Griff zu bekommen, indem sie ihre ultralockere Geldpolitik der Nullzinsen strafft. Im März stiegen die Preise in Deutschland um 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. In den USA ist die Situation ähnlich, doch während die US-amerikanische Notenbank Fed im März mit einer ersten Leitzinsanhebung die Zinswende eingeleitet hat, hält sich die Europäische Zentralbank bislang zurück. Nach ihrer Zinssetzung am Donnerstag verkündete EZB-Chefin Christine Lagarde, weiter an der Nullzinspolitik festzuhalten.

Für Experten Neumann ist das "aktuelle Zinsniveau nicht nur mit rationalen Argumenten zu begründen". Vielmehr gebe es eine ganze Reihe an Unsicherheitsfaktoren durch die nicht abzusehenden wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs, weitere Corona-Lockdowns in China und die daraus resultierenden Lieferkettenausfälle. Die Finanzmärkte seien dadurch "extrem nervös und die Zinsen volatil".

"Daran wird die aktuelle EZB-Entscheidung nichts ändern: Solange die EZB sich alle Optionen offen hält und nicht klar formuliert, wann ein erster Zinsschritt stattfinden wird und wie die weiteren Aussichten sind, fehlt den Märkten die Orientierung und die Berechenbarkeit", so Neumann zur Entscheidung, an der Nullzinspolitik festzuhalten.

Für Sparer ist die Situation derzeit also doppelt bitter: Kredite werden teurer, doch ihr Bankguthaben wirft weiter keine Zinsen ab oder ist sogar mit Negativzinsen belegt.

Was können Hausbauer jetzt tun?

"Wer einen Kredit benötigt, sollte sich frühzeitig vorbereiten, jetzt Konditionen vergleichen und die Auswirkungen eines weiteren Zinsanstiegs für sich durchrechnen", rät Mirjam Mohr, Vorständin Privatkundengeschäft bei Interhyp. Sie empfiehlt eine eher höhere Anfangstilgung und längere Zinsbindungen.

Bei Vermittler Dr. Klein macht sich das bereits bemerkbar. Immobilienkäufer wählten zunehmend längere Zinsbindungen von zuletzt 13 Jahren und zehn Monaten, hieß es. "Für Immobilienbesitzer ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich um die Anschlussfinanzierung zu kümmern – selbst wenn diese erst in ein, zwei oder drei Jahren ansteht", rät Michael Neumann, Experte bei Dr. Klein.

Der Kreditvermittler Baufi24 verweist zudem auf Forward-Darlehen, mit denen sich Immobilienbesitzer die Zinsen für Anschlussfinanzierungen bis zu fünf Jahre im Voraus gegen einen Aufschlag sichern können. Lesen Sie hier, für wen sich eine solche Finanzierungsform lohnen kann.

Für einige könnten die höheren Kosten den Traum vom Eigenheim zunächst beenden. Immobilien- und Baupreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, mitunter weil Immobilien als gute Wertanlage gelten. Günstige Zinskonditionen ermöglichten vielen Käufern und Bauherren die Finanzierung. Während die Zinsen nun wieder steigen, stiegen die Preise für Wohnimmobilien auch weiter – allein im Jahr 2021 um rund elf Prozent.

Die Zeiten, in denen sich sehr viele Menschen über günstige Finanzierungen dennoch Eigentum leisten konnten, könnten nun vorbei sein, so Ditmar Rompf, Vorstandschef beim Baufinanzierer Hüttig & Rompf. Schon ein geringer Anstieg des Zinsniveaus könne die monatliche Belastung deutlich erhöhen. "Das kann für einige Haushalte zu viel sein, wenn bei der Baufinanzierung zu knapp kalkuliert wurde."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement von Michael Neumann (Vorstandsvorsitzender Dr. Klein)
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